Welche Anforderungen gelten an einer revisionssicheren E-Mail-Archivierung?

 

Allgemeine Anforderungen an eine revisionssichere E-Mail-Archivierung ergeben sich insbesondere aus den Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen (§ 146 AO) sowie den Vorgaben zur Führung der Handelsbücher (§ 239 HGB), welche die

·         Vollständigkeit

·         Richtigkeit,

·         Zeitgerechtheit,

·         Unveränderbarkeit,

·         Ordnung und

·         Nachvollziehbarkeit

bei der Führung der Handelsbücher und sonstiger erforderlicher Aufzeichnungen in den Vordergrund stellen.

Das Bundesfinanzministerium hat zudem am 14.11.2014 das Schreiben zu den „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“* veröffentlicht. Das Verwaltungsschreiben konkretisiert die Normen aus der Abgabenordnung (AO) und dem Umsatzsteuergesetz (UStG) und bestimmt, wie digitale Unterlagen aufbewahrt werden sollen, damit das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung auf diese Informationen zugreifen kann. Die GoBD gelten seit dem 1.1.2015 und lösen die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)“, das „FAQ zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung“ sowie die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS)“ ab. Folgende Aspekte der GoBD sind für die revisionssichere Archivierung von E-Mails besonders zu beachten:

·         Grundsätzlich müssen alle relevanten E-Mails und deren Dateianhänge vollständig, manipulationssicher und jederzeit verfügbar aufbewahrt werden. Weiterhin müssen die Daten maschinell auswertbar sein. Eine alleinige Aufzeichnung auf Mikrofilm oder Papier ist nicht ausreichend, da dies den Anforderungen an die (jederzeitige) maschinelle Auswertbarkeit nicht genügt. Weiterhein stellt eine Langzeitarchivierung im verwendeten E-Mail-System keine geeignete Lösung dar, da die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit (insbesondere Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit) schwerlich erfüllt werden können.

·         Eine Umwandlung in ein anderes Format (z. B. Inhouse-Format) zum Zwecke der Archivierung ist nur zulässig, wenn die maschinelle Auswertbarkeit nicht eingeschränkt und keine inhaltliche Veränderung vorgenommen wird (Grundsatz der Unveränderbarkeit). Wird eine E-Mail beispielsweise als PDF-Datei gespeichert, so gehen dabei gegebenenfalls die Informationen des Headers (z. B. Informationen zum Absender, Zustelldatum etc.) verloren und sind somit nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar.

·         Sofern beispielsweise eine Gelangensbestätigung, als Nachweis der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, per E-Mail übermittelt wird, verlangen die Finanzbehörden für den Nachweis der Herkunft eine sichere Aufbewahrung der kompletten E-Mail samt Anhang im elektronischen Original.

·         Aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten, Datensätze, elektronische Dokumente und elektronische Unterlagen, die im Unternehmen entstanden oder dort eingegangen sind, sind ebenfalls in dieser Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Eine Aufbewahrung ausschließlich in ausgedruckter Form ist daher nicht mehr zulässig. Die Dokumente müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufbewahrung im Produktivsystem oder durch Auslagerung in ein anderes DV-System erfolgt. Unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige elektronisch erstellte und in Papierform abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe nur in Papierform aufbewahrt.

·         Das Archivierungsverfahren für E-Mails unterliegt nach den GoBD der Verpflichtung zu einer Verfahrensdokumentation, welche auch als Teil der generellen Verfahrensdokumentation des Archivierungs- bzw. Dokumentenmanagementsystems umgesetzt werden kann. Hierbei sollten jedoch die für die E-Mail-Archivierung spezifischen Aspekte, wie beispielsweise Regelungen zu SPAM, Konvertierungseinstellungen, Beschreibung der Maßnahmen zur Sicherung der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit, Unveränderbarkeit und maschinellen Auswertbarkeit etc. berücksichtigt werden. Die „Merksätze des Verbandes Organisations- und Informationssysteme e.V. zur revisionssicheren elektronischen Archivierung“** erläutern, was dies konkret für die Archivierung elektronischer Dokumente bedeutet:

Jedes Dokument muss nach Maßgabe der rechtlichen und organisationsinternen Anforderungen ordnungsgemäß aufbewahrt werden.

·         Die Archivierung hat vollständig zu erfolgen – kein Dokument darf auf dem Weg ins Archiv oder im Archiv selbst verloren gehen.

·         Jedes Dokument ist zum organisatorisch frühestmöglichen Zeitpunkt zu archivieren.

·         Jedes Dokument muss mit seinem Original übereinstimmen und unveränderbar archiviert werden.

·         Jedes Dokument darf nur von entsprechend berechtigten Benutzern eingesehen werden.

·         Jedes Dokument muss in angemessener Zeit wiedergefunden und reproduziert werden können.

·         Jedes Dokument darf frühestens nach Ablauf seiner Aufbewahrungsfrist vernichtet, d.h. aus dem Archiv gelöscht werden.

·         Jede ändernde Aktion im elektronischen Archivsystem muss für Berechtigte nachvollziehbar protokolliert werden.

·         Das gesamte organisatorische und technische Verfahren der Archivierung kann von einem sachverständigen Dritten jederzeit geprüft werden.

·         Bei allen Migrationen und Änderungen am Archivsystem muss die Einhaltung aller zuvor aufgeführten Grundsätze sichergestellt sein.

*http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/Datenzugriff_GDPdU/2014-11-14-GoBD.pdf?__blob=publicationFile&v=1
**http://www.voi.de/publikationen/leitfaeden-whitepaper/view_document/299-merksaetze-des-voi-zur-revisionssicheren-elektronischen-archivierung